Verkauf Restaurant Nordbahnhof

Liegenschaft mit Quartierbeiz «Nordbahnhof» verkauft

Wo waren die Schweizer?

Die J.B.-Clique Santihans fand keinen Verwalter- Nachwuchs.

Vor wenigen Tagen wurde die Liegenschaft mit dem Restaurant Nordbahnhof an der Mülhauserstrasse verkauft. Ungewöhnlich an diesem Geschäft ist, dass es sich bei der Verkäuferin um engagierte Fasnächtler handelt: die bereits 85-jährige J.B.-Clique Santihans. Oder präziser ausgedrückt um die ausschliesslich aus diesem Kreis gebildete Genossenschaft Nordbahnhof. Die – wie ihr Name aussagt – stark im St. Johann-Quartier verankerte Clique kam vor rund 30 Jahren auf die Quartierbeiz, weil deren kleiner Annexbau mit Kegelbahn als provisorisches Übungslokal genutzt werden konnte.

Beginn der Kellerkultur
In den 70er Jahren begann die Entwicklung zur boomenden Paragastronomie in den Fasnachtskellern, die vielen Wirten ein Dorn im Auge ist – indirekt fördern sie diese aber selber. Ganz oben auf den Wellen der Hochkonjunktur schwimmend, waren sie damals nicht auf die paar Getränke angewiesen, welche von den Fasnächtlern nach ihren Übungen konsumiert wurden. Das liessen sie ihre Gäste deutlich spüren.


Die damalige Situation erklärt auch das Suchen der Santihänsler nach einer Dauerunterkunft. Ab 1973 nutzten sie die Kegelbahn als Provisorium. Fünf Jahre später bauten sie die Räumlichkeit zu einem Übungslokal um. 1984 ergab sich die Möglichkeit, die Liegenschaft zu kaufen. Ein Jahr später wurde der Annexbau abgerissen und durch ein unterkellertes Cliquenlokal ersetzt. Dieser Teil der Immobilie ist parzelliert und jetzt Cliquenbesitz.


Ein seither – mit einer Ausnahme – unveränderter Genossenschaftsvorstand unter dem Vorsitz des früheren Cliquenobmannes Willy Bürgin verwaltete die Liegenschaft ehrenamtlich. Seit Jahren bemühte er sich cliquenintern erfolglos, ehrenamtliche Nachfolger zu finden. «Eine Fremdverwaltung würde die Genossenschaft in die roten Zahlen treiben», sprach Bürgin regelmässig Klartext, ohne auf Gehör zu stossen. «Es ist in Kenntnis der hiesigen Verwaltungsdiktatur und ihrer unzähligen Auflagen unmöglich, Nachfolger für den Vorstand zu finden», nimmt Bürgin seine am Ehrenamt desinteressierten jungen Cliquenkollegen in Schutz.


Dem Genossenschaftsvorstand blieb nichts anderes übrig, als die Immobilie zum Verkauf auszuschreiben. Gemeldet haben sich ausschliesslich Kaufinteressenten türkischer Herkunft. Veräussert wurde sie nun an das Ehepaar Müslün und Zehra Sahin, das noch an anderen Familienbetrieben beteiligt ist und die Liegenschaft am 1. April übernimmt. «Es sind Schweizer und hier aufgewachsen», präzisiert Bürgin. Sonst bleibt alles, wie es bisher war. Hayri Kalayci bleibt auch weiterhin Pächter der Beiz.

Willi Erzberger